RE: Trainingsplatz - 9

Ich brauchte noch einen Moment, um meine Eltern aus meinem Kopf zu schieben, doch ich hörte ihre Worte.
Du musst einfach daran glauben. Du wirst nie wissen können, ob der SternenClan dich hierhergebracht hat, oder ob es ein Zufall war. Aber in den schwierigsten Zeiten kannst du dich am Glauben an den SternenClan festhalten, miaute ich leise. Es erstaunte mich selbst, dass ich so etwas sagte, hatte ich doch selbst so sehr an ihm gezweifelt. Aber vielleicht konnte er Hasenpfote mehr helfen als mir.
Auch mich hat der SternenClan erst hierher geschickt, als ich meine beiden Eltern verloren hatte. Er hat mich an der Grenze auf Federwolke treffen lassen. Wir beide waren so ausgehungert, dass wir einen Tag länger wohl nicht überlebt hätten, erklärte ich.
Ich weiß nicht, was der SternenClan noch für mich vorgesehen hat, oder für dich. Aber er leitet das was passiert, ob gut oder schlecht, und er wird seine Gründe haben.
Mein Blick wanderte zu einem etwas entfernten Punkt auf dem Trainingsplatz, und ich nickte dorthin.
Fast jeder Ort in diesem Clanterritorium hat sich in mein Gedächtnis eingegraben wie ein Stachel. Genau dort hat Stachelkralle meine zweite Mentorin, Kristallblüte, zum SternenClan geschickt, weil sie mitbekommen hatte, was er tat, weil sie mich schützen wollte, erzählte ich niedergeschlagen.
Im kleinen Wald hat er mich gezwungen sie zu vergraben, ohne dass ich mich auch nur richtig verabschieden konnte... Auf der großen Wiese haben er und Schatten mich das erste Mal bedroht und danach immer wieder. In der Wasserhöhe war einmal mein Fluchtort, und hätte er mich nicht für seine Zwecke gebraucht, wäre ich dort gestorben, weil ich nicht die Kraft hatte, alleine hinauszukommen. Das Lager wurde nach und nach immer weniger mein Schutzort, immer mehr eine ständige Gefahr.
Ich verstummte kurz. Eigentlich ist es auch egal. Ich denke du hast längst verstanden, warum ich nicht hierbleiben kann und will. Der SternenClan hat mir, warum auch immer, alles was er mir gab auch wieder entrissen. Und zum einen will ich das nicht immer wieder erneut erleben müssen, und zum anderen ist jeder Ort hier eine schmerzhafte Erinnerung.
Ich schwieg kurz.
Ich verstehe, wie du dich fühlst. Dass du dich verlassen und verraten von mir fühlst. Nein, ich kann, will und werde nicht im BlitzClan bleiben. Aber ich habe dir nicht ohne Grund gesagt, dass ich gehe. Denn weißt du was ich auch nicht kann?
Ich blickte sie ernst an.
Die Katzen aufgeben, die mich brauchen. Der einzige Grund, weshalb ich bis jetzt noch beim BlitzClan war, war der Schutz den ich ihm geben wollte. Ich wollte gegen Stachelkralle tun was ich konnte, und auch jetzt will ich für die Katzen da sein, die mich brauchen. Und das sind im Moment vor allem du und Brandjunges. Ja, ich verlasse den Clan, und das musst du leider akzeptieren. Aber ich gehe nicht. Ich laufe nicht fort, weil ich da sein will, wenn du oder Brandjunges mich brauchen. Deshalb wollte ich mit dir sprechen, allein. Lavendel und ich werden uns in einem der Gebiete um das BlitzClanterritorium niederlassen. Und dort kannst du uns jederzeit besuchen. Du verlierst mich nicht als Freundin, ich bin immer noch für dich da. Ich verbringe nur nicht mehr jede Nacht mit dir im gleichen Bau. Deshalb sage ich es nur dir. Ich will nicht, dass die anderen Katzen wissen wo ich bin. Vor allem Federwolke nicht...
Ich will, dass du es weißt und zu mir kannst, und ich bitte dich, es Brandjunges zu sagen. Und ihm zu sagen, dass es mir wirklich, wirklich Leid tut, und ich gerne seine Mentorin geworden wäre.
Nun schwieg ich. Ich hatte alles gesagt, weshalb ich hergekommen war, und schaute sie mit einer Mischung aus abwartend und flehend an, was sie erwidern würde.

Ich hatte viele Antworten erwartet, doch nicht diese.
Brandjunges ist viel mehr als ein Junges. Er hat, wie wir beide auch, schon einiges erlebt und er hat es nicht leicht. Ich kann ihm nicht einfach komplett eine offenbar wichtige Bezugsperson wegnehmen. Brandjunges ist für sein Alter wirklich weit. Er versteht, wenn etwas wichtig ist, er wird weder dich noch mich verraten, wenn er versteht, wie wichtig uns das ist.
Ich machte eine Pause, und dachte über ihren zweiten Satz nach. In ihren Worten schwang eindeutig die Sorge um sich selbst mit. Die Sorge, dass sie selbst am Ende unter dem Wissen zu Leiden hatte.
Falls die anderen doch erfahren, dass ich in der Nähe bin, dann ist das so. Entweder dann ist der Moment gekommen fortzuziehen, oder es interessiert keinen und sie lassen mich mein Leben leben. Falls.. dich die anderen Clankatzen irgendwie darunter leiden lassen, dass du davon wusstest, und nichts gesagt hast, dann komm ich zurück und kratze ihnen die Augen aus, knurrte ich grimmig, schüttelte dann aber den Kopf.
Nein, natürlich nicht. Aber wenn sie dir deshalb das Leben schwer machen, komm zu mir. Du hast jederzeit die Wahl bei uns zu bleiben, oder ich kläre das mit Weidenstern, oder wem auch immer. Sage ihnen, dass ich es so wollte und du mir lediglich eine Freundin warst, versprach ich ernst.
Aber lassen wir es einfach nicht so weit kommen... Wenn du Brandjunges einschärfst, dass er es nicht verrät, sehe ich dort keine Gefahr. Und dir hätte ich es nicht gesagt, würde ich dir nicht vertrauen...

Ich atmete erleichtert aus, als Hasenpfote zustimmte. Sie schien es akzeptiert und sich beruhigt zu haben.
Ich hoffe, er ist nicht zu enttäuscht, hauchte ich. Brandjunges hatte sich so sehr mich als Mentorin gewünscht, und ich brach ihm nun gewissermaßen das Herz.
Bei ihren nächsten Worten grinste ich, doch ich spürte, dass ich damit etwas in meinem Herzen überspielte.
Mach dir darum mal keine Sorgen. Ich bin bis jetzt noch hier, so schnell bringt mich nichts dazu, diese Welt zu verlassen, versicherte ich ihr zwinkernd. Nicht einmal Stachelkralle…
Du solltest jetzt zurück ins Lager, bevor sich alle fragen wo du geblieben bist. Und vergiss nicht, du bist immer willkommen. Ich weiß noch nicht genau, wo du uns finden kannst, aber irgendwo in der Nähe der Territorien. Ich versuche ein paar Spuren zu hinterlassen, miaute ich abschließend.

Ich nickt langsam, da hatte Hasenpfote leider recht...
Aber daraus, dass sie mich darauf hinwies, schloss ich, dass Hasenpfote meine Entscheidung endgültig vollends hatte, und das erleichterte mich sehr.
Stimmt schon... Ich schau mal, ob mir etwas einfällt, was nur du verstehst... Ansonsten lasse ich dich irgendwann wissen, wo ich mich befinde.. Aber du wirst mich so oder so finden, wenn du mich brauchst, das weiß ich einfach, miaute ich, und lächelte die Jüngere sanft an.
Genieße deine Ernennung, ich bin in Gedanken bei dir, miaute ich mit einem Schnurren in der Stimme.
Möge der SternenClan über die wachen Hasenpfote, verabschiedete ich mich und ignorierte das schmerzhafte Pochen meines Herzens. Bevor ich irgendwelche Zweifel bekommen konnte, wandte ich mich ab und lief davon.

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