RE: Fischerdorf - 5

Ich hatte die Territorien hinter mir gelassen und war weitergehumpelt, bis ich bei Zweibeinerbauten ankam. Ich hatte offenbar das Territorium der Zweibeiner erreicht, in denen ich meine Jungenzeit verbracht hatte, das erkannte ich schnell. Doch ich achtete nicht auf mehr, denn vor Erschöpfung und Schmerz drohte ich umzufallen. Ich suchte mir ein Versteck und fand unter einem Zaun eine geschützte Kuhle, in welcher ich zusammenbrach und anfing zu weinen.
War das gerade wirklich so passiert? Stachelkralle hatte mich umbringen wollen und aus meinem Clan verjagt, getrennt. Wie würde es nun weitergehen? Mein Gedankenstrom brach ab, denn ich musste husten. Wieder zuckte der Schmerz durch meine Schulter. Meine Wunden hatten mittlerweile aufgehört zu bluten, brannten jedoch wie Feuer.
Was war, wenn ich nicht überlebte? Irgendwann würde ich jagen müssen, trotz der Verletzungen. Ich durfte nicht sterben! Noch nicht... Ich konnte nicht abermals jemanden im Stich lassen.
Abermals... Der Gedanke an meine Eltern traf mich unvorbereitet und ich begann abermals zu schluchzen. Wären sie nicht gestorben, hätte ich den Clan niemals kennengelernt, wäre niemals in Stachelkralles Fänge geraten. An allem was passiert war, war ich selber Schuld und musste selbst mit den Konsequenzen leben. Verzweifelt rollte ich mich zusammen, machte mich in dieser versteckten Kuhle ganz klein und weinte still.

Von Federwolkes Schreien hörte ich nichts, sie war recht weit weg. Mittlerweile legten sich einige Schneeflocken über mein Fell und verschmolzen mit diesem. Abermals hustete ich und schloss erschöpft die Augen. Ich muss etwas tun… ich darf nicht einschlafen, dachte ich noch, doch ich konnte mich nicht gegen die Dunkelheit wehren, die mich übermannte.
Den zweibeinerförmigen Schatten, der sich über mich legte, nahm ich nicht mehr war.

Irgendwo zwischen Schlaf und Bewusstlosigkeit driftete ich durch die Dunkelheit, und bemerkte auch nicht, wie der Zweibeiner sich über mich beugte, hochhob und davon trug.

>> Schlucht (Dunkelwald)

Mit einem schmerzvollen Stöhnen öffnete ich die Augen und blinzelte. Wo auch immer ich mich befand, es war dämmrig, heller als in meinem Traum. Mein Traum!
In Zeitraffer spulte ich das Gespräch vor meinem inneren Auge ab. “Ich könnte dir helfen“ „Schließ dich dem Dunkelwald an, schwöre mir die Treue, Stachelkralle wird dir nichts mehr tun“ „du wirst hin und wieder Aufträge ausführen müssen“ „Was passiert, wenn du das Gesetz der Krieger brichst?“
Tausend Fragen wirbelten durch meinen Kopf. Welche Aufträge? Was hat er vor? Will ich das? Ist der Dunkelwald überhaupt so böse wie es heißt?
Abermals stöhnte ich und versuchte mich aufzurichten. Meine Verletzungen schmerzten zwar, doch irgendwie war mein Fell nicht verklebt. Es war kein Blut mehr zu sehen. Ich erschauderte. Hatte der Zweibeiner von dem Feuerseele gesprochen hatte, mich entführt und angefasst während ich bewusstlos war? Erschrocken setzte ich mich nun ganz auf und suchte den Raum nach einer Fluchtmöglichkeit ab. Ich hatte nur wenige Monde bei Zweibeinern gelebt und erinnerte mich an vieles nicht mehr, zumal ich zu der Zeit nie das Bedürfnis gehabt hatte, den Zweibeinerbau zu verlassen.
Während ich den Raum absuchte, hatte ich wieder das erdrückende Gefühl, dass mir irgendetwas einfallen müsste, doch es kam mir nicht in den Sinn.

Die Nacht war längt hereingebrochen, und in dem Zweibeinerbau war es noch dunkler, als in der tiefsten Nacht. Dennoch erkannte ich Schemen. Der Zweibeiner schien etwas mit mir gemacht zu haben, während ich bewusstlos gewesen war, und ich musste hier weg, bevor er mehr tat!!
Mit einem leisen Maunzen richtete ich auch, und ignorierte die schmerzenden Wunden, während ich zu einer der senkrechten Blockaden tappte. Ich war versucht, diese einfach einzukratzen. Das Material fühlte sich wie ein rindenloser Baum an, und das zeigte mir eigentlich schon, dass es nicht nachgeben würde. Dennoch versuchte ich es weiter. Irgendwann bewegte sich das Ding, vor mir, weshalb ich erschrocken zurück sprang. Ein riesiger Zweibeinerumriss tat sich über mir auf und panisch maunzend wich ich zurück. Der Zweibeiner beugte sich über mich und hob mich in die Luft. Wehrlos strampelte ich, und merkte, wie meine Wunden drohten aufzureißen. Doch der Zweibeiner war nicht brutal, nur entschieden. Mein Herz pochte mir bis zum Hals, doch ich gab es auf mich zu wehren. Der Zweibeiner brachte mich zurück zu dem weichen Nest, in dem ich aufgewacht war und legte mich - für seine Verhältnisse wahrscheinlich vorsichtig, wieder in dieses. Hektisch atmete ich, doch er drückte mich entschieden ins Nest, während er irgendwas in der anderen Pfote hielt und damit näher kam. Laut miaute ich, doch unbeirrt machte er weiter. Ein spitzer Gegenstand wurde mir ins Fleisch gestochen und er drückte darauf. Mit weit aufgerissenen Augen starrte ich darauf, dann ließ er mich langsam los. Doch ich merkte, wie meine Augen schwer wurden, und ich keine Kraft mehr hatte, um aufzustehen.
Meine Augen fielen zu, und ich versank in dunklen, traumlosen Schlaf.

Sonnenlicht kitzelte meine Schnurrhaare, und ich schlug die Augen auf. Die Übelkeit und das Pochen meines Kopfes waren über Nacht nahezu verschwunden. Erschrocken fuhr ich hoch. Ich war noch immer in dem Zweibeinernest! Doch ich fühlte mich... irgendwie erholt! Was war über Nacht passiert?! Auf meinen Wunden befand sich irgendeine Salbe, wie Heiler sie auch nutzten. Doch wollten die Salben mir schaden? Immerhin kamen sie von Zweibeinern! Dennoch... er hatte mir nichts böses getan, und die Salben linderten den Schmerz. Die Holzbarriere, die sich in der Nacht geöffnet hatte, war noch immer geöffnet. Egal was er vorhatte, ich durfte das Risiko nicht eingehen, und mir schien, als hätte ich die Chance zu fliehen! Hektisch rappelte ich mich auf und rannte durch das riesige Loch hinaus. Es war ein breiter Gang und er führte zu einer weiteren solcher Barrieren. Doch in dieser Barriere befand sich eine kleine, katzengroße Klappe. Konnte man dort hinaus? Ich musste es versuchen!
Vorsichtig lief ich auf die Klappe zu, und stupste die vorsichtig, dann etwas fester mit der Pfote an. Sie bewegte sich ein kleines Stück, und schlug dann wieder zurück. Tief atmete ich durch, dann drückte ich sie mit dem Kopf auf, und trat einen Schritt hinaus. Verschneiter Boden, der das helle Sonnenlicht reflektierte, blitzte mir entgegen. Ein Lächeln bildete sich auf meinem Gesicht. Ich war frei!!
Schnell rannte ich durch den Schnee, weg von dem Zweibeinerbau. Hinter mir hörte ich den Zweibeiner, wie er etwas rief. Es klang, als wolle er, dass ich zurückkomme, er klang nicht wütend, viel mehr besorgt - so weit ich das abschätzen konnte. Doch ich ignorierte es und rannte weiter. Und er folgte nicht!
Glücklich stürmte ich ein Stück weiter, bis ich nicht mehr konnte und stehen blieb. Die Wunden hatten wieder zu Schmerzen begonnen, auch wenn die Salbe noch immer Linderung verschaffte. Und leider sah man meine Pfotenspuren im Schnee!
Doch ich war wach, ich musste es nur langsam angehen! Im Zweifelsfall konnte ich flüchten.
Ich blickte mich wachsam um. Links und rechts von mir befanden sich verschneite Zweibeinerbauten, wobei rechts davor eine kleine Monsterstrecke war. Das Bild meines Vaters blitzte in meinem Kopf auf, und meine Augen begannen augenblicklich zu tränen. Schnell hob ich den Blick von der verschneiten, und monsterfreien Strecke. Das Zweibeinernest kam mir merkwürdig bekannt vor. Hatte ich es in meiner Jungenzeit bereits gesehen?

Wie festgefroren lag mein Blick auf dem gegenüberliegenden Zweibeinernest, während in meinem Kopf Erinnerungsstücke ruckten, und ich versuchte herauszufinden, weshalb dieses Nest etwas in meinem Herzen ganz fürchterlich anpiekte.
Es begann wieder ein wenig zu schneien, und so oder so waren vom Schnee und den Zweibeinern alle Spuren und Gerüche des Vortages verwischt.
Eine ungeahnte Träne lief mir über meine Wange, und in dem Moment wusste ich, woran dieses Nest mich erinnerte. Es war für wenige Monde mein Zuhause gewesen. Vor allem aber war es das Zuhause meiner Mutter gewesen - bis sie hier ihr Lebensende gefunden hatte. Und ich war nicht für sie da gewesen.
Meine Beine gaben unter mir nach. Wie konnte ich hier bleiben? An einem Ort, der den Tod meiner Eltern so schrecklich deutlich wieder hervorbrachte?
Tränen liefen über meine Wangen und ich schluchzte laut auf, unwissend, dass eine bekannte Katze mittlerweile ganz in der Nähe war. Eine Katze, die mir noch näher war als ich ahnen konnte.

Tief in meiner wiederaufgekommen Trauer vergraben, bemerkte ich den Geruch erst gar nicht.
Doch irgendwann kam er sogar bei mir an, auch wenn ich lange brauchte um ihn zu verarbeiten.
BlitzClan!
Mein Schluchzen verstummte und ich reckte mit großen Augen die Nase in die Luft. Wer war es? Stachelkralle? Weidenstern? Federwolke!!
Schwerfällig kam ich auf die Beine.
Federwolke?! rief ich halblaut. Abermals witterte ich, ob nicht noch eine andere Katze dabei war, doch ich konnte keinen weiteren Geruch ausmachen.

Sie war da! Sie war tatsächlich hier. Hatte sie mich gesucht? Oder hatte sie jemand geschickt? Was hatte Stachelkralle erzählt, als er ohne mich ins Lager zurückgekehrt war? Oder war er vielleicht doch da und verdeckte seinen Geruch, gerissen wie er war?
Ganz vorsichtig tappte ich in die Richtung aus der der Geruch kam und lugte um die Ecke eines Zweibeinernests. Mein weißes Fell tarnte mich sowieso perfekt. Und dort, ein Stück entfernt stand sie. Allein!
Ohne darüber nachzudenken sprintete ich zu ihr, und rannte sie dabei fast um.
Ob die Tatsache, dass sie mich gefunden hatte auch eine Gefahr für uns beide darstellen konnte - daran dachte ich in diesem Moment nicht. Auch nicht daran, dass die verkrusteten Krallenwunden an meiner Flanke und Schulter wieder ein Stück aufbrachen, und meine Schulter eigentlich viel zu sehr schmerzte um zu rennen, ignorierte ich.
Mit Tränen in den Augen hielt ich im letzten Moment vor ihr an und drückte mich schutzsuchend an sie.
Du bist hier, hauchte ich kaum hörbar erstickt.

(Naja gut ist relativ… Ausgerissene Haare, Wunden, eine geprellte Schulter… ich weiß ja nicht xD)
Mein Atem stockte, als Federwolke mich fragte, was passiert sei, und meinte, im BlitzClan sei die Hölle los.
Was meinst du? Warum ist im BlitzClan die Hölle los? fragte ich und legte dabei ängstlich die Ohren an. Was hatte Stachelkralle getan?

Ungläubig starrte ich sie an. Stachelkalle ist zurückgetreten? Warum??
Ich brauchte einen kurzen Moment ehe ich antwortete:
Wir sind… auf HimmelClangebiet gewesen… ich hab die Grenze nicht bemerkt, murmelte ich mit unterwürfig angelegten Ohren.
Aber er wollte mich umbringen, hauchte ich kaum hörbar.

Ich schluckte, um den sich bildenden Kloß in meinem Hals zu entfernen.
Weil ich zu viel weiß, hauchte ich erstickt, und die aufkommenden Tränen weg.

Ich schaute sie aus großen, angsterfüllten Augen an.
Ich will dich nicht in Gefahr bringen, hauchte ich verzweifelt. Obwohl ich wusste, dass es dafür jetzt zu spät war. Sie war hier, und Stachelkralle würde eine mögliche Gefahrenquelle nicht unbehelligt lassen. Nicht, wenn er sie ausschalten konnte. Und es war für ihn kein Verlust, er wollte den Clan auslöschen.