RE: Fischerdorf - 6

Ich schluckte und senkte den Blick, dann nickte ich schwach.
Tief atmete ich durch. Der Moment war gekommen. Stachelkralle würde uns nicht unterbrechen, und Federwolke würde mir Glauben schenken - zumindest hoffte ich das.
Ich setzte mich hin, denn meine Schulter begann langsam wieder wie Dornen zu stechen.
Nun hob ich den Kopf wieder, um Federwolke beim Sprechen anzuschauen, dann begann ich zu erzählen.
Es fing alles an dem Tag an, als ich zur Schülerin, und du zur Heilerschülerin ernannt wurdest. An dem Tag wolltest du deinen neuen Bau in Augenschein nehmen. Ich wollte dir folgen, doch hatte ich hinter der Kinderstube zwei Katzenschatten bemerkt. Es waren Schatten und Stachelkralle. Die beiden sprachen davon, dass sie die Clans und Blaustern vernichten wollten.
Ich stockte kurz.
Mein erster Impuls war es gewesen, dir alles zu sagen, doch Stachelkralle hat mich bemerkt und durch ein Loch im Lagerwall zur Großen Wiese gezehrt.
Ich schluckte.
Damit fing alles an... Sie drohten mir, dass wenn ich ein Sterbenswörtchen verrate, oder ihnen im Weg stehe, sie mich umbringen würden, murmelte ich leise, doch man merkte, dass dieser Teil mich erstaunlich kühl ließ.
Ich hatte Angst vor dieser Drohung, Angst vor dem Tod... Aber es hätte mich nicht lange aufgehalten. Bei diesen Worten senkte ich den Blick, denn ich hatte Angst vor ihrer Reaktion. Brutal ehrlich zu sagen, dass mir mein Leben nicht so wichtig war, oder gewesen war, dass ich es in meinen Augen sogar verdient hatte, das tat ich das erste Mal.
Allerdings drohten sie dann, dir etwas anzutun. Und das konnte ich um keinen Preis zulassen. Ich konnte nicht schon wieder jemanden verraten und im Stich lassen. Tränen schossen mir in die Augen, als ich an den Tod meiner Eltern dachte, doch schnell blinzelte ich und sprach weiter.
Eines Tages waren Schatten und Stachelkralle an der HimmelClan-Grenze. Ich weiß nicht alles, nur dass Schatten die HimmelClankriegerin getötet hat. Bei seiner Geschichte und seinen Plänen, mit voller Absicht. Stachelkralle zwang mich danach, ihre Version der Geschichte zu bestätigen...
Ich schloss kurz die Augen, dann blickte ich unsicher wieder zu Federwolke.
Einige Zeit später, drängte mich Stachelkralle aus dem Lager, um mich über einen neuen seiner Pläne aufzuklären. Kristallblüte bekam jedoch Wind davon und folgte uns. Stachelkralle hat es nicht gleich bemerkt, aber im Nachhinein. Er-
Ich stockte und eine Träne rann über mein Gesicht. Er hat Kristallblüte ermordet, und mich im Nachhinein gezwungen ihren Körper mit ihm zu vergraben, hauchte ich erstickt und schluckte, bevor ich weitersprechen konnte.
Kurz darauf wurde er zu meinem Mentor... Ich kann nicht zählen, wie viele Kratzer mir seine Krallen beim Training gebracht haben, sprach ich weiter, und verzog schmerzerfüllt das Gesicht.
Aber mit der Zeit gewöhnte ich mich in gewisser Weise an alles, und wurde aufsässiger. Immer häufiger, dachte ich darüber nach, dir trotz allem alles zu erzählen... Und dann kam die Große Versammlung, und der Streit zwischen Schattenstern und Weidenstern.. Ich war fest entschlossen, endlich alles zu klären, diesen ganzen Streit endlich zu beenden. Aber Stachelkralle hat mich gesehen und geschafft, mich in einen Busch abseits zu zerren. Er hat mich so lange gewürgt, bis ich bewusstlos war. Als ich aufwachte, war die Versammlung vorbei, und nur du warst noch da und hast mich gefunden.
Abermals schwieg ich einen Moment, um mich auf den letzten Teil der Geschichte vorzubereiten.
Nach dieser Nacht, habe ich immer häufiger nach einer Situation gesucht, um dir unbemerkt alles zu berichten. Doch Stachelkralle hat uns immer erwischt und wurde immer misstrauischer. Bei der gestrigen Grenzpatrouille hat er Tupfensprung und Hasenpfote weggeschickt. Während wir die Grenze markiert haben, hat er mich über die Grenze geschubst. Ich bin gleich wieder zurückgesprungen und habe ihn angeschrien. Ich war wütend, und wusste, dass der HimmelClan fuchsteufelswild sein würde, weil mein Geruch auf ihrer Seite war.
Ich stockte.
Er hat mich angegriffen. Und ich wusste, er würde mich töten. Er hat es klar formuliert, miaute ich leise und senkte wieder den Blick.
Ich konnte mich losreißen und bin geflüchtet. Dabei hab ich die HimmelClangrenze nicht bemerkt, und dann war es zu spät. Er war schneller als ich, es gab keinen anderen Ausweg. Ich wollte durch ein schlammiges Gebiet, um irgendwie meinen Geruch zu verdecken und dann irgendwie durch die Bäume fliehen. Und der einzige schlammige Ort der mir einfiel, war WasserClangebiet. Also bin ich dorthin gerannt, doch er hat mich eingeholt. Eigentlich hatte er mich, ich hatte keine Chance mehr... Aber aus irgendeinem Grund hat er von mir abgelassen und ist zurück zum BlitzClanterritorium gerannt. Ich hab mich dann irgendwie aus dem Clanterritorium geschleppt und bin im Fischerdorf gelandet...
Kurz schwieg ich, dann fügte ich noch hinzu.
Irgendein Zweibeiner hat mich aufgelesen und in seinen Bau gebracht... Aber ich habe das Gefühl, er hat nur meine Wunden versorgt... Ich bin heute morgen trotzdem bei erster Gelegenheit geflohen, und dann hab ich dich gefunden, endete ich schließlich. Mittlerweile waren meine leeren Augen auf die Schneedecke am Boden gerichtet.

Angst kochte bei ihren Worten in mir hoch und mit panischem Blick schaute ich sie wieder an.
Bitte Federwolke, du musst mir glauben! Ich lüge dich nicht an! flehte ich mit zittriger Stimme. Wenn sie mir nun nicht glaubte, war es vorbei. Endgültig.
Stachelkralle ist ein wahnsinniger Kater, der sich das Ziel gesetzt hat, den BlitzClan anzuführen. Und seit der SternenClan Weidenstern statt ihm ausgewählt hat, will er Rache. Er will den BlitzClan ein für alle Mal zerstören. Und ich bin eine zu große Gefahr für ihn geworden, mehr als eine Hilfe. Ich kann nicht zurück, sprach ich schnell weiter und wieder bildeten sich Tränen der Angst und Verzweiflung in meinen Augen.

Verängstigt starrte ich sie an und Tränen liefen nun über mein Gesicht. Ich musste sie einfach überzeugen. Es konnte nicht sein, dass Stachelkralle gewann, es durfte nicht sein!
Er ist gerissen. Ich kenne nicht alle seine Pläne. Aber wenn Weidenstern mich als Verräterin ansieht, dann hat Stachelkralle ihm irgendeine Geschichte aufgetischt. Es ist aber zu vieles passiert, was er nicht auf mich abschieben kann. Vielleicht musste er Kompromisse mit der Wahrheit eingehen, um nicht aufzufliegen, und deshalb konnte er nicht mehr als vollkommen ehrwürdiger Krieger durchgehen und hat seinen Posten abgegeben, als würde er sich schuldig und unwürdig fühlen. Und da er den BlitzClan nicht mehr anführen, sondern auslöschen will, ist ihm der Posten egal. Außerdem sind er und Weidenstern beste Freunde, und er ist total manipulativ, stellte ich versucht ruhig eine Vermutung auf, doch meine Stimme zitterte.
Schatten habe ich nie ganz verstanden, aber er führte nichts gutes im Schilde, und da Stachelkralle ähnliche Pläne hatte, haben sie sich zusammengeschlossen.

Angespannt wartete ich auf Federwolkes Antwort, doch sie sprach jemanden an, den ich bin dahin nicht bemerkt hatte. Erschrocken zuckte ich zurück und ging erstmal auf Abstand. Ich war nach den letzen Ereignissen so aufgewühlt, dass ich außer Federwolke niemanden an mich heranlassen wollte.
Und Federwolke schien noch immer zwiegespalten. Wenn sie mir nicht glaubte, würde keiner es tun. Ich würde endgültig fliehen müssen, weg von den Clans. Weg von meinem Zuhause. Während meine Gedanken sich in diese unschöne Richtung entwickelten, schossen mir wieder Tränen der Verzweiflung in die Augen, welche ich kaum noch unterdrücken konnte.

Mein Blick schwankte zu Federwolke und unsicher hoffnungsvoll starrte ich sie an, als sie zu mir kam. Als sie jedoch das BlitzClanlager erwähnte, schüttelte ich heftig den Kopf.
Ich kann nicht zurück, Federwolke! Nicht so lange Stachelkralle dort ist, er wird mich umbringen sobald er kann, widersprach ich vehement und schaffte es, die Tränen wieder zu unterdrücken, das Zittern blieb.

Ich schüttelte heftig den Kopf.
Das sagst du so einfach. Aber er schafft alles, was er sich in den Kopf setzt. Ich darf ihm nicht mehr begegnen, widersprach ich weiterhin aufgebracht.

Ich schluckte.
Was waren die Möglichkeiten? Ich konnte zum Clan zurückkehren, und versuchen, die Sache in die Pfote zu nehmen und Stachelkralle endgültig aus meinem Leben verbannen. Mit dem Risiko, dass er mich töten konnte.
Oder ich konnte hier bleiben und hoffen, dass Federwolke allein meine Rettung war. Mit dem Risiko, nie zum Clan zurückkehren zu können.
Und was, wenn Stachelkralle mich doch noch suchen kam? Wenn er verstand, dass ich noch hier war? Die Gefahr blieb, solange ich mich nicht weiter von den Clans entfernte und diese endgültig hinter mir ließ. Konnte ich das?
Wahrscheinlich nicht…
Ich senkte kurz den Blick, dann sah ich Federwolke flehend an.
Versprich mir, dass du an meiner Seite bleibst, flüsterte ich fast.

Ich legte ein wenig die Ohren an, als Minze mich ansprach. Ich war zwar nicht der festen Überzeugung, dass der Kater mir etwas Böses wollte, doch ich war gerade einfach nicht in der Lage, mit fremden Katzen umzugehen, es war unmöglich. Ich wollte nach Hause. Aber was war zuhause? Zuhause war der BlitzClan, aber es war nur ein lebenswertes zuhause ohne eine ständige Bedrohung. Ich wollte einfach, dass es aufhörte... Irgendwie...
Schnell blickte ich wieder zu Federwolke und wartete, was sie vorhatte. Währenddessen ließ ich meine Schulter kreisen, um zu schauen, wie es sich anfühlte, verzog jedoch nur schmerzerfüllt das Gesicht und ließ es gleich wieder bleiben.

@Minze